Kreis Gießen

Downloads

Die Entgeltanalysen erfolgen unter zwei Fragestellungen:

Wie stellt sich die Lage zur Lohngleichheit bei den Einwohnerinnen und Einwohnern des Kreises dar, die in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung erwerbstätig sind?

In diesen Betrachtungen sind auch alle Einwohnerinnen und Einwohner eingeschlossen, die außerhalb des Kreises einer sozialversicherungspflichtigen Vollzeiterwerbstätigkeit nachgehen. Entsprechend sind alle Personen, die zwar im Kreis beschäftigt sind, jedoch außerhalb wohnen, nicht berücksichtigt. Im Fokus steht ausschließlich die Lohngleichheit der Wohnbevölkerung im Kreis (Teil 1). Ergänzt wird diese Analyse durch Daten zur Beschäftigungssituation der Einwohnerinnen und Einwohner (Teil 2). Daraus können Hinweise zur Einordnung der Entgeltdaten aus Teil 1 sowie erste Handlungsansätze für die Förderung von Frauen, die im Kreis wohnen, exploriert werden.

Wie kann die Lage der Lohngleichheit in den Betrieben des Kreises eingeschätzt werden?

Mit dem Fokus auf die Betriebe im Kreis wird erfasst, in welchem Maße Entgeltgleichheit bei den dort sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten auf Stellen mit unterschiedlichen Anforderungsniveaus erreicht wird. Diese Betrachtung schließt auch Beschäftigte ein, die nicht im Kreis wohnen, aber in dort ansässigen Betrieben beschäftigt sind (Teil 3). Zudem wird betrachtet, wie hoch die Anteile von sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten in den unteren Entgeltbereichen sind (Teil 4). Da bekannt ist, dass sich gerade durch Fachkräfteengpässe für Frauen Chancen zum Aufstieg und umfangreicher Beschäftigung ergeben können, was sich dann auch in höheren Entgelten niederschlägt, werden ergänzende Daten in Teil 5 dargestellt. Es wird gezeigt, in welchen Berufen bis zum Jahr 2026 Engpässe im Kreis zu erwarten sind. Diese Daten können Hinweise darauf geben, wo Frauen mit dem Ziel einer Verringerung der Lohnlücke gezielt rekrutiert und gefördert werden können.

In einem abschließenden Teil 6 werden die Befunde in einer Gesamtschau dargestellt und Handlungsansätze für den Kreis benannt.

1 Lohnlücken von sozialversicherungspflichtig vollzeitbeschäftigten Einwohnerinnen und Einwohnern des Kreises Gießen

Im ersten Pandemiejahr 2020 sind die Lohnlücken im Kreis Gießen mit 8,1 Prozent deutlich kleiner als noch im Vorpandemiejahr 2019 mit 10,1 Prozent. Die Veränderungsdynamik während der Pandemie, also von 2020 zu 2021, verlangsamt sich allerdings wieder. Im Jahr 2021 haben sich die Lohnlücken mit -0,6 Prozent nicht mehr so stark verkleinert wie im ersten Pandemiejahr 2020. Als Hintergründe für die deutliche Verringerung der Lohnlücken von sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten seit Beginn der Pandemie wird angeführt, dass die Entgelte von Frauen in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung eher ansteigen als jene von Männern bzw. dass sich die Entgelte von Männern eher verringern. Der Einstieg einer immer größer werdenden Zahl junger hochqualifizierter Frauen mit hohen Entgelten dürfte zu dieser Entwicklung beitragen. Gleichzeitig können durch Kurzarbeit bei einer größeren Anzahl von Männern als von Frauen in Vollzeitbeschäftigung Rückgänge der Entgelte zu verzeichnen sein. Da gerade der Umfang von Kurzarbeit im Verlauf der Pandemie schwankt, andererseits gut bezahlte Leiharbeit in Pflege und Gesundheit kontinuierlich zunimmt, kann sich die Dynamik der Entwicklung der Lohnlücken im Verlauf der Pandemie verändern.

Tabelle 1: Lohnlücken* zwischen Frauen und Männern in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung, differenziert nach Regionen (Wohnort) und Jahren (Stand 31.12.), Angaben in Prozent

Jahr
Kreis Gießen Hessen
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik, IWAK eigene Berechnung und Darstellung
Anmerkung: *positiver Wert = Bruttomonatsentgelte von Frauen sind niedriger als jene von Männern; negativer Wert = Bruttomonatsentgelte von Frauen sind höher als jene von Männern.

Der Frauenanteil bei den sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten im Kreis Gießen beträgt im Jahr 2021 genau 32,0 Prozent und liegt damit leicht unter dem hessischen Durchschnitt von 32,7 Prozent. Interessant ist zudem, dass die durchschnittlichen Entgelte von Frauen und Männern, die im Kreis Gießen leben, etwas unter dem Landesschnitt liegen. Die durchschnittliche Lohnlücke ist im Kreis Gießen mit 7,5 Prozent jedoch geringer als im hessischen Schnitt. Dort beträgt die Lohnlücke im Jahr 2021 noch 9,0 Prozent.

Tabelle 2: Sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte ohne Auszubildende zum 31.12.2021, differenziert nach ausgewählten Merkmalen und Regionen (Wohnort)

Region
Frauenanteil* Medianwerte des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in € durchschnittliche Lohnlücke
% abs. Männer Frauen % abs. in €
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik, IWAK eigene Berechnung und Darstellung
Anmerkung: *Die hier präsentierte Anzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten bezieht sich auf die Personen, für die die Einkommensdaten vorliegen. Da nicht für alle sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten Einkommensdaten vorliegen, weicht die Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten von den hier präsentierten Zahlen ab.

Das Ausmaß der Lohnlücken bei den Einwohnerinnen und Einwohnern in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung unterscheiden sich im Kreis Gießen deutlich zwischen den verschiedenen Qualifikationsniveaus der Beschäftigten.

Für Beschäftigte ohne Berufsabschluss beträgt die Lohnlücke 4,9 Prozent. Frauen ohne Berufsabschluss verdienen brutto im Schnitt 128 Euro weniger als Männer auf dem gleichen Qualifikationsniveau. Damit ist Entgeltgleichheit nahezu erreicht. Der Frauenanteil liegt bei den Beschäftigten ohne Berufsabschluss bei 24,0 Prozent und damit unter dem Landesschnitt.

Bei den Beschäftigten mit Berufsabschluss beträgt die Lohnlücke 8,7 Prozent. Frauen mit Berufsabschluss verdienen brutto im Schnitt 312 Euro weniger als ihre männlichen Kollegen. Der Frauenanteil liegt mit 32,1 Prozent nahe am Landesschnitt von 33,0 Prozent.

Bei den Beschäftigten mit akademischem Abschluss liegt die Lohnlücke bei 21,6 Prozent. Akademikerinnen verdienen brutto im Schnitt 1.213 Euro weniger als Männer auf dem gleichen Qualifikationsniveau. Der Frauenanteil liegt bei 37,0 Prozent und damit ebenfalls nahe am Landesschnitt von 36,5 Prozent.

Im Vergleich mit dem hessischen Durchschnitt zeigt sich im Kreis Gießen auf allen drei Qualifikationsniveaus eine geringere Lohnlücke. Die Durchschnittseinkommen der Frauen im Kreis Gießen liegen trotzdem unter dem Landesschnitt.

Tabelle 3: Sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte* ohne Auszubildende zum 31.12.2021, differenziert nach Qualifikationsniveaus und Regionen (Wohnort)

Qualifikationsniveau
Kreis Gießen Hessen
Frauenanteil* Medianwerte des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in € durchschnittliche Lohnlücke Frauenanteil* Medianwerte des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in € durchschnittliche Lohnlücke
% abs. Männer Frauen % abs. in € % abs. Männer Frauen % abs. in €
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik, IWAK eigene Berechnung und Darstellung
Anmerkung: *Die hier präsentierte Anzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten bezieht sich auf die Personen, für die die Einkommensdaten vorliegen. Da nicht für alle sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten Einkommensdaten vorliegen, weicht die Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten von den hier präsentierten Zahlen ab.

Bei der Betrachtung verschiedener Berufssektoren, in welchen die Einwohner*innen des Kreises in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung tätig sind, ergibt sich ebenfalls ein differenziertes Bild.

Die Einzelberufe werden in drei Berufssektoren zusammengefasst und zwar: Produktions- und MINT-Berufe, personenbezogene Dienstleistungsberufe sowie kaufmännische und wirtschaftliche Dienstleistungsberufe. Die Berufssektoren wurden auf Basis von der Klassifikation der Berufe (KldB 2010) gebildet. Unter dem Berufssektor „Produktions- und MINT-Berufe“ sind Berufssegmente wie Land-, Forst- und Gartenbauberufe (S11), Fertigungsberufe (S12), Fertigungstechnische Berufe (S13), Bau- und Ausbauberufe (S14) und IT- und naturwissenschaftliche Dienstleistungsberufe (S41) zusammengefasst. Der Berufssektor „personenbezogene Dienstleistungen“ beinhaltet Berufssegmente wie Lebensmittel- und Gastgewerbeberufe (S21), Medizinische u. nicht-medizinische Gesundheitsberufe (S22) und Soziale und kulturelle Dienstleistungsberufe (S23). Berufssegmente wie Handelsberufe (S31), Berufe in Unternehmensführung und -organisation (S32), Unternehmensbezogene Dienstleistungsberufe sowie Sicherheitsberufe (S51), Verkehrs- und Logistikberufe (S53), Reinigungsberufe (S53) gehören zu dem Berufssegment „kaufmännische und wirtschaftliche Dienstleistungsberufe“. Weitere Informationen sind im Glossar zu finden.

Die nachfolgend präsentierte Anzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten bezieht sich auf die Personen, für die die Einkommensdaten vorliegen. Da nicht für alle sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten Einkommensdaten vorliegen, weicht die Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten von den hier präsentierten Zahlen ab. Bei einer zu geringen Anzahl an Beschäftigten ist die Aussagekraft von Entgeltverteilungen eingeschränkt. Deshalb veröffentlicht die Statistik der Bundesagentur für Arbeit keine Daten zu Entgeltverteilungen, Medianentgelten und Beschäftigten im unteren Entgeltbereich in Regionen bzw. bei Merkmalskombinationen mit weniger als 500 Beschäftigten. In diesen Fällen wurde der entsprechende Wert durch ein „X“ ersetzt.

Die Lohnlücke bei den Produktions- und MINT-Berufen, also den mathematisch-technischen Berufen, beträgt 7,1 Prozent und ist damit fast doppelt so groß wie im hessischen Durchschnitt. Damit verdienen Frauen in Vollzeit im Schnitt monatlich brutto 266 Euro weniger als Männer. Der Frauenanteil in diesem Berufssektor weicht mit 10,9 Prozent kaum vom Landesschnitt ab.

Mit 11,2 Prozent lässt sich bei den personenbezogenen Dienstleistungsberufen die im Vergleich der Berufssektoren größte Lohnlücke im Kreis Gießen feststellen. Zudem liegt diese auch über dem hessischen Schnitt von 7,0 Prozent. Der Frauenanteil ist hier mit 60,9 Prozent deutlich größer als in den anderen Berufssektoren, wenn auch geringer als im Bundesland insgesamt. Mit Blick auf die Entgelthöhe zeigt sich eine relativ ausgeglichene Lage für Frauen zwischen den personenbezogenen Dienstleistungsberufen, den kaufmännisch und wirtschaftlichen sowie den Produktions- und MINT-Berufen. Im Vergleich zum Landesschnitt ist das durchschnittliche Entgeltniveau von Einwohnerinnen im Kreis Gießen in den personenbezogenen Dienstleistungsberufen höher.

Mit 4,1 Prozent fällt die Lohnlücke in den kaufmännischen und wirtschaftlichen Dienstleistungsberufen im Vergleich zu den beiden anderen Berufssektoren geringer aus. Im hessischen Durchschnitt ist die Lücke deutlich größer als im Kreis Gießen. Einwohnerinnen verdienen im Schnitt im Kreis Gießen brutto 147 Euro weniger als Männer. Dabei liegt der Frauenanteil bei den Vollzeitbeschäftigten, die im Kreis Gießen wohnen, mit 35,9 Prozent unterhalb des Landesschnitts von 38,3 Prozent. Interessant ist, dass im Kreis Gießen die Einkommen von Frauen in den kaufmännisch-wirtschaftlichen Berufen die niedrigsten im Vergleich der drei Sektoren sind.

Tabelle 4: Sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte ohne Auszubildende zum 31.12.2021, differenziert nach Berufssektoren und Regionen (Wohnort)

Berufssektor
Kreis Gießen Hessen
Frauenanteil* Medianwerte des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in € durchschnittliche Lohnlücke Frauenanteil* Medianwerte des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in € durchschnittliche Lohnlücke
% abs. Männer Frauen % abs. in € % abs. Männer Frauen % abs. in €
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik, IWAK eigene Berechnung und Darstellung
Anmerkung: *Die hier präsentierte Anzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten bezieht sich auf die Personen, für die die Einkommensdaten vorliegen. Da nicht für alle sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten Einkommensdaten vorliegen, weicht die Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten von den hier präsentierten Zahlen ab.

In den Produktions- und MINT-Berufen, die basierend auf der KldB 2010 aus Berufssegmente wie Land-, Forst- und Gartenbauberufe (S11), Fertigungsberufe (S12), Fertigungstechnische Berufe (S13), Bau- und Ausbauberufe (S14) und IT- und naturwissenschaftliche Dienstleistungsberufe (S41) bestehen, zeigt sich bei den in Vollzeit sozialversicherungspflichtig beschäftigten Einwohnerinnen und Einwohnern mit anerkanntem Berufsabschluss eine Lohnlücke von 14,3 Prozent. Diese liegt über der Lohnlücke im Landesschnitt von 10,8 Prozent. Frauen mit Berufsabschluss, die im Kreis Gießen leben, verdienen brutto 527 Euro weniger als Männer. Ihr Anteil ist mit 8,2 Prozent etwas niedriger als im Landesschnitt. Bei den Beschäftigten mit akademischen Abschlüssen wird eine etwas größere Lohnlücke von 17,1 Prozent deutlich. Diese liegt unter dem Landesschnitt. Daraus resultiert, dass die Bruttomonatsentgelte von Frauen um 933 Euro niedriger sind als die von Männern. Der Frauenanteil von 19,3 Prozent liegt über jenem bei den beruflich Qualifizierten.

Tabelle 5: Sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte ohne Auszubildende im Berufssektor „Produktions- und MINT-Berufe“ zum 31.12.2021, differenziert nach Qualifikationsniveaus und Regionen (Wohnort)

Qualifikationsniveau
Kreis Gießen Hessen
Frauenanteil* Medianwerte des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in € durchschnittliche Lohnlücke Frauenanteil* Medianwerte des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in € durchschnittliche Lohnlücke
% abs. Männer Frauen % abs. in € % abs. Männer Frauen % abs. in €
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik, IWAK eigene Berechnung und Darstellung
Anmerkung: *Die hier präsentierte Anzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten bezieht sich auf die Personen, für die die Einkommensdaten vorliegen. Da nicht für alle sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten Einkommensdaten vorliegen, weicht die Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten von den hier präsentierten Zahlen ab. Bei einer zu geringen Anzahl an Beschäftigten ist die Aussagekraft von Entgeltverteilungen eingeschränkt. Deshalb veröffentlicht die Statistik der Bundesagentur für Arbeit keine Daten zu Entgeltverteilungen, Medianentgelten und Beschäftigten im unteren Entgeltbereich in Regionen bzw. bei Merkmalskombinationen mit weniger als 500 Beschäftigten. In diesen Fällen wurde der entsprechende Wert durch ein „-“ ersetzt.

In den personenbezogenen Dienstleistungsberufen, die basierend auf der KldB 2010 aus Berufssegmente wie Lebensmittel- und Gastgewerbeberufe (S21), Medizinische u. nicht-medizinische Gesundheitsberufe (S22) und Soziale und kulturelle Dienstleistungsberufe (S23) bestehen, zeigt sich bei den Vollzeitbeschäftigten mit anerkanntem Berufsabschluss eine Lohnlücke von 5,0 Prozent. Diese liegt unter der Lohnlücke im Landesschnitt von 5,4 Prozent. Frauen mit Berufsabschluss in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung im Kreis Gießen verdienen brutto 173 Euro weniger als Männer. Ihr Anteil ist mit 67,3 Prozent hoch und liegt knapp über dem Landesschnitt. Bei den Beschäftigten mit akademischen Abschlüssen wird eine größere Lohnlücke von 19,1 Prozent deutlich. Diese liegt ebenfalls knapp über dem Landesschnitt. Dies bedeutet, dass die Bruttomonatsentgelte von Frauen mit akademischem Abschluss, die im Kreis leben, um 1.067 Euro niedriger ausfallen als die der männlichen Einwohner mit akademischem Abschluss. Der Frauenanteil von 53,7 Prozent liegt unter dem Landesschnitt.

Tabelle 6: Sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte ohne Auszubildende im Berufssektor „personenbezogene Dienstleistungsberufe“ zum 31.12.2021, differenziert nach Qualifikationsniveaus und Regionen (Wohnort)

Qualifikationsniveau
Kreis Gießen Hessen
Frauenanteil* Medianwerte des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in € durchschnittliche Lohnlücke Frauenanteil* Medianwerte des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in € durchschnittliche Lohnlücke
% abs. Männer Frauen % abs. in € % abs. Männer Frauen % abs. in €
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik, IWAK eigene Berechnung und Darstellung
Anmerkung: *Die hier präsentierte Anzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten bezieht sich auf die Personen, für die die Einkommensdaten vorliegen. Da nicht für alle sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten Einkommensdaten vorliegen, weicht die Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten von den hier präsentierten Zahlen ab. Bei einer zu geringen Anzahl an Beschäftigten ist die Aussagekraft von Entgeltverteilungen eingeschränkt. Deshalb veröffentlicht die Statistik der Bundesagentur für Arbeit keine Daten zu Entgeltverteilungen, Medianentgelten und Beschäftigten im unteren Entgeltbereich in Regionen bzw. bei Merkmalskombinationen mit weniger als 500 Beschäftigten. In diesen Fällen wurde der entsprechende Wert durch ein „-“ ersetzt.

In den kaufmännischen und wirtschaftlichen Dienstleistungsberufen, die basierend auf der KldB 2010 aus Berufssegmente wie Handelsberufe (S31), Berufe in Unternehmensführung und -organisation (S32), Unternehmensbezogene Dienstleistungsberufe sowie Sicherheitsberufe (S51), Verkehrs- und Logistikberufe (S53), Reinigungsberufe (S53) bestehen, zeigt sich bei den in Vollzeit sozialversicherungspflichtig beschäftigten Einwohnerinnen und Einwohnern des Kreises ohne Berufsabschluss nur eine sehr kleine Lohnlücke von 1,6 Prozent. Damit ist auf diesem Qualifikationsniveau Entgeltgleichheit erreicht. Anders stellt sich die Lage bei den qualifizierten Beschäftigten dar. Bei sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten mit einem anerkannten Berufsabschluss besteht eine Lohnlücke von 5,1 Prozent. Diese liegt zwar unter der Lohnlücke im Landesschnitt von 6,4 Prozent, dennoch verdienen Frauen mit Berufsabschluss, die im Kreis Gießen wohnen, brutto 178 Euro weniger als Männer. Ihr Anteil liegt mit 38,0 Prozent unter dem Landesschnitt, ist allerdings in absoluten Zahlen von beträchtlicher Größe. Bei den Beschäftigten mit akademischen Abschlüssen wird eine größere Lohnlücke von 26,6 Prozent deutlich. Diese liegt nahe am Landesschnitt. Dies bedeutet, dass die Bruttomonatsentgelte von Frauen um 1.544 Euro niedriger sind als die von Männern. Der Frauenanteil von 38,5 Prozent liegt über jenem bei den beruflich Qualifizierten.

Tabelle 7: Sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte ohne Auszubildende im Berufssektor „kaufmännische und wirtschaftliche Dienstleistungsberufe“ zum 31.12.2021, differenziert nach Qualifikationsniveaus und Regionen (Wohnort)

Qualifikationsniveau
Kreis Gießen Hessen
Frauenanteil* Medianwerte des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in € durchschnittliche Lohnlücke Frauenanteil* Medianwerte des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in € durchschnittliche Lohnlücke
% abs. Männer Frauen % abs. in € % abs. Männer Frauen % abs. in €
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik, IWAK eigene Berechnung und Darstellung
Anmerkung: *Die hier präsentierte Anzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten bezieht sich auf die Personen, für die die Einkommensdaten vorliegen. Da nicht für alle sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten Einkommensdaten vorliegen, weicht die Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten von den hier präsentierten Zahlen ab. Bei einer zu geringen Anzahl an Beschäftigten ist die Aussagekraft von Entgeltverteilungen eingeschränkt. Deshalb veröffentlicht die Statistik der Bundesagentur für Arbeit keine Daten zu Entgeltverteilungen, Medianentgelten und Beschäftigten im unteren Entgeltbereich in Regionen bzw. bei Merkmalskombinationen mit weniger als 500 Beschäftigten. In diesen Fällen wurde der entsprechende Wert durch ein „-“ ersetzt.

2 Rahmendaten zur Beschäftigung von Frauen und Männern im Kreis Gießen

Die Daten im vorangegangenen Teil beziehen sich ausschließlich auf Frauen und Männer in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung, die im Kreis Gießen leben. Dazu zählen 22.986 Frauen, die in Vollzeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind. Darüber hinaus gehen mit 25.930 eine etwas höhere Zahl an Frauen einer sozialversicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung nach. Zudem befinden sich noch weitere 8.360 Frauen, die im Kreis ansässig sind, in einer ausschließlich geringfügigen Beschäftigung, und 439 Arbeitslose sind alleinerziehende Frauen. Sozialversicherungspflichtige Beschäftigte sind inkl. Auszubildende. Sozialversicherungspflichtige Beschäftigte, geringfügig Beschäftigte sowie sozialversicherungspflichtig beschäftigte Pendlerinnen und Pendler sind im Alter von 15 bis unter 65 Jahren. Abweichungen zwischen ausgewiesener Gesamtsumme und tatsächlicher Summe der Teilergebnisse sind aufgrund unterschiedlicher Merkmalstiefen, Auslassung von Kategorien und Rundungen möglich. Die Auspendlerquoten sind sowohl bei Frauen als auch bei Männern eher niedrig. Dies zeigt, dass viele Einwohnerinnen und Einwohner des Kreises ihr Einkommen innerhalb von dessen Grenzen erwirtschaften. Die Auspendlerquote ergibt sich auf Basis sozialversicherungspflichtig Beschäftigter am Wohnort.

Tabelle 8-11: Ausgewählte Arbeitsmarktdaten zum 31.12.2021 (oder anderes ausgewiesenes Datum), differenziert nach Geschlecht und Staatsangehörigkeit

Arbeitsmarktdaten
Insgesamt Männer Frauen
Gesamt deutsche Staats­angehörigkeit ausländische Staats­angehörigkeit Gesamt deutsche Staats­angehörigkeit ausländische Staats­angehörigkeit Gesamt deutsche Staats­angehörigkeit ausländische Staats­angehörigkeit
sozialversicherungspflichtig Beschäftigte* mit Auszubildenden am Wohnort
Gesamt
Vollzeit (VZ)**
ohne Berufsabschluss
(anerkannter) Berufsabschluss
akademischer Abschluss
Teilzeit (TZ)**
ohne Berufsabschluss
(anerkannter) Berufsabschluss
akademischer Abschluss
geringfügig Beschäftigte* am Wohnort
Gesamt
ausschließlich geringfügig Beschäftigte (aGeB)
im Nebenjob
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte – Pendlerinnen und Pendler (30.06.2021)
Einpendlerinnen und Einpendler
Auspendlerinnen und Auspendler
Einpendler-Quote (Basis sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Wohnort
Auspendler-Quote (Basis sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Wohnort
Arbeitslose** (Jahresdurchschnitt 2021)
Insgesamt
im Rechtskreis SGB III
im Rechtskreis SGB II
davon Alleinerziehende
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik, IWAK eigene Berechnung und Darstellung
Anmerkung: * Sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigte im Alter von 15 bis unter 65 Jahren
** Mögliche Abweichungen zwischen ausgewiesener Gesamtsumme und tatsächlicher Summe der Teilergebnisse aufgrund unterschiedlicher Merkmalstiefen, Auslassung von Kategorien und Rundungen.

Im Kreis Gießen zeigt sich bei den Einwohnerinnen und Einwohnern in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung im ersten Pandemiejahr ein deutlich stärkerer Rückgang der Lohnlücken als noch in den Vorpandemiejahren. Zudem liegen die Lohnlücken mit 8,1 Prozent im Jahr 2020 und mit 7,5 Prozent im Jahr 2021 unter dem hessischen Durchschnitt.

Die Lohnlücke ist im Kreis Gießen bei akademisch Qualifizierten mit 21,6 Prozent am größten, liegt aber ebenfalls unter dem hessischen Durchschnitt von 24,9 Prozent. Je niedriger das Qualifikationsniveau von Beschäftigten ist, desto geringer fällt die Lohnlücke aus. Für Einwohnerinnen und Einwohner, die über keinen Berufsabschluss verfügen, beträgt diese 4,9 Prozent.

Im Vergleich verschiedener Berufssektoren, in welchen die Einwohnerinnen und Einwohner in sozialversicherungspflichtiger Vollzeit erwerbstätig sind, zeigt sich, dass die Lohnlücken dort nur etwas variieren, und zwar zwischen 4,1 Prozent in den kaufmännischen und wirtschaftlichen Dienstleistungsberufen und 11,2 Prozent in den personenbezogenen Dienstleistungsberufen. Das Gehaltsniveau unterscheidet sich in den Berufssektoren kaum.

Die Daten von sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen am Wohnort zeigen, dass weniger als die Hälfte in Vollzeit erwerbstätig sind. Der hohe Anteil an Frauen, die einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen oder geringfügig beschäftigt sind, zeigt, dass noch brachliegende Beschäftigungspotenziale bei den Einwohnerinnen des Kreises Gießen vorhanden sind. Diese noch besser zu erschließen, kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Lohnlücken im Kreis zu verringern. Betreuungs- und Verkehrsinfrastruktur, berufliche Orientierung und Qualifizierung stellen wichtige Bausteine dafür dar.

3 Lohnlücken bei den Betrieben im Kreis Gießen

Die Daten in diesem Teil beziehen sich ausschließlich auf die Beschäftigungssituation in Betrieben, die ihre Standorte im Kreis Gießen haben. Die Daten über die dort in sozialversicherungspflichtiger Vollzeit Beschäftigten schließen auch Einpendlerinnen und Einpendler aus anderen Kreisen und kreisfreien Städten ein.

Die Stellen für sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte im Kreis Gießen lassen sich nach vier hierarchisch aufgebauten Anforderungsniveaus unterscheiden:

  • Helferniveau (keine oder eine einjährige Ausbildung vorausgesetzt)
  • Fachkraftniveau (mindestens eine zweijährige Berufsausbildung oder ein berufsqualifizierender Abschluss einer Berufsfach- oder einer Kollegschule vorausgesetzt)
  • Spezialistenniveau (eine Meister- oder Technikerausbildung bzw. ein weiterführender Fachschul- oder Bachelorabschluss vorausgesetzt, kaufmännische Fortbildungen und ähnliche Weiterbildungen vorausgesetzt)
  • Expertenniveau (ein mindestens vierjähriges abgeschlossenes Hochschulstudium vorausgesetzt)

Je höher das Anforderungsniveau einer Stelle ist, desto anspruchsvoller und komplexer sind die zu erfüllenden Aufgaben und desto höher sind im Schnitt die durchschnittlichen Bruttomonatsentgelte.

Die durchschnittlichen Lohnlücken variieren bei den Betrieben im Kreis Gießen zwischen den vier Anforderungsniveaus der Stellen deutlich. Die geringsten Lücken zeigen sich im Jahr 2021 beim Anforderungsniveau Fachkraft mit 3,2 Prozent. Die größte Lohnlücke mit 19,6 Prozent kann beim Anforderungsniveau Spezialist identifiziert werden. Auch auf dem Helfer- und Expertenniveau sind die Lücken mit 9,1 Prozent und 16,7 Prozent hoch. Im Vergleich zum jeweiligen Landesdurchschnitt sind die Lohnlücken im Kreis Gießen bei den Anforderungsniveaus Helfer, Fachkraft sowie Experte niedriger. Allerdings liegt die Lohnlücke auf dem Spezialistenniveau im Kreis Gießen mit 19,6 Prozent etwas über dem hessischen Durchschnitt von 18,5 Prozent. Die meisten Frauen in sozialversicherungspflichtiger Vollzeit sind allerdings auf dem Anforderungsniveau Fachkraft tätig.

Tabelle 12: Sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte ohne Auszubildende zum 31.12.2021, differenziert nach Anforderungsniveaus von Stellen und Regionen (Arbeitsort)

Anforderungsniveaus
Kreis Gießen Hessen
Frauenanteil* Medianwerte des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in € durchschnittliche Lohnlücke Frauenanteil* Medianwerte des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in € durchschnittliche Lohnlücke
% abs. Männer Frauen % abs. in € % abs. Männer Frauen % abs. in €
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik, IWAK eigene Berechnung und Darstellung
Anmerkung: *Die hier präsentierte Anzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten bezieht sich auf die Personen, für die die Einkommensdaten vorliegen. Da nicht für alle sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten Einkommensdaten vorliegen, weicht die Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten von den hier präsentierten Zahlen ab. Bei einer zu geringen Anzahl an Beschäftigten ist die Aussagekraft von Entgeltverteilungen eingeschränkt. Deshalb veröffentlicht die Statistik der Bundesagentur für Arbeit keine Daten zu Entgeltverteilungen, Medianentgelten und Beschäftigten im unteren Entgeltbereich in Regionen bzw. bei Merkmalskombinationen mit weniger als 500 Beschäftigten. In diesen Fällen wurde der entsprechende Wert durch ein „-“ ersetzt.

Hinsichtlich der Stellen für Beschäftigte mit Produktions- und MINT-Berufen, die basierend auf der KldB 2010 aus Berufssegmente wie Land-, Forst- und Gartenbauberufe (S11), Fertigungsberufe (S12), Fertigungstechnische Berufe (S13), Bau- und Ausbauberufe (S14) und IT- und naturwissenschaftliche Dienstleistungsberufe (S41) bestehen, wird deutlich, dass auf dem Anforderungsniveau Fachkraft eine Entgeltlücke von 13,5 Prozent besteht. Frauen verdienen auf diesen Stellen im Schnitt in sozialversicherungspflichtiger Vollzeit im Bruttomonatsentgelt 481 Euro weniger als Männer. Im hessischen Durchschnitt ist die Lücke mit 4,7 Prozent deutlich kleiner als im Kreis Gießen.

Tabelle 13: Sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte ohne Auszubildende im Berufssektor „Produktions- und MINT-Berufe“ zum 31.12.2021, differenziert nach Anforderungsniveaus von Stellen und Regionen (Arbeitsort)

Anforderungsniveaus
Kreis Gießen Hessen
Frauenanteil* Medianwerte des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in € durchschnittliche Lohnlücke Frauenanteil* Medianwerte des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in € durchschnittliche Lohnlücke
% abs. Männer Frauen % abs. in € % abs. Männer Frauen % abs. in €
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik, IWAK eigene Berechnung und Darstellung
Anmerkung: *Die hier präsentierte Anzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten bezieht sich auf die Personen, für die die Einkommensdaten vorliegen. Da nicht für alle sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten Einkommensdaten vorliegen, weicht die Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten von den hier präsentierten Zahlen ab. Bei einer zu geringen Anzahl an Beschäftigten ist die Aussagekraft von Entgeltverteilungen eingeschränkt. Deshalb veröffentlicht die Statistik der Bundesagentur für Arbeit keine Daten zu Entgeltverteilungen, Medianentgelten und Beschäftigten im unteren Entgeltbereich in Regionen bzw. bei Merkmalskombinationen mit weniger als 500 Beschäftigten. In diesen Fällen wurde der entsprechende Wert durch ein „-“ ersetzt.

Hinsichtlich der Stellen für Beschäftigte mit Berufen in den personenbezogenen Dienstleistungen, die basierend auf der KldB 2010 aus Berufssegmente wie Lebensmittel- und Gastgewerbeberufe (S21), Medizinische u. nicht-medizinische Gesundheitsberufe (S22) und Soziale und kulturelle Dienstleistungsberufe (S23) bestehen, zeigt sich, dass auf dem Anforderungsniveau Fachkraft im Kreis Gießen keine Entgeltlücke mehr besteht. Dies ist vor dem Hintergrund zu interpretieren, dass es sich hier vor allem um die sogenannten Frauenberufe wie Pflege und Erziehung handeln dürfte. Diese Berufe sind vor allem öffentlich finanziert, und es ist von einer hohen Tarifbindung bzw. Orientierung an vergleichbaren Entgeltstrukturen auszugehen. Im Landesschnitt wirkt sich die Entgeltlücke ebenso etwas zuungunsten von Männern aus. Auf dem Anforderungsniveau Spezialist stellt sich die Lage im Kreis Gießen anders dar: Hier besteht eine Lohnlücke von 9,8 Prozent, die in etwa dem Landesschnitt entspricht. Ebenso besteht auch auf dem Expertenniveau eine Lohnlücke von 11,8 Prozent, die dazu führt, dass Frauen auf diesem Niveau im Kreis Gießen monatlich durchschnittlich 659 Euro weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen.

Tabelle 14: Sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte ohne Auszubildende im Berufssektor „personenbezogene Dienstleistungsberufe“ zum 31.12.2021, differenziert nach Anforderungsniveaus von Stellen und Regionen (Arbeitsort)

Anforderungsniveaus
Kreis Gießen Hessen
Frauenanteil* Medianwerte des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in € durchschnittliche Lohnlücke Frauenanteil* Medianwerte des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in € durchschnittliche Lohnlücke
% abs. Männer Frauen % abs. in € % abs. Männer Frauen % abs. in €
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik, IWAK eigene Berechnung und Darstellung
Anmerkung: *Die hier präsentierte Anzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten bezieht sich auf die Personen, für die die Einkommensdaten vorliegen. Da nicht für alle sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten Einkommensdaten vorliegen, weicht die Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten von den hier präsentierten Zahlen ab. Bei einer zu geringen Anzahl an Beschäftigten ist die Aussagekraft von Entgeltverteilungen eingeschränkt. Deshalb veröffentlicht die Statistik der Bundesagentur für Arbeit keine Daten zu Entgeltverteilungen, Medianentgelten und Beschäftigten im unteren Entgeltbereich in Regionen bzw. bei Merkmalskombinationen mit weniger als 500 Beschäftigten. In diesen Fällen wurde der entsprechende Wert durch ein „-“ ersetzt.

Bei den Stellen für Beschäftigte mit kaufmännischen und wirtschaftlichen Berufen, die basierend auf der KldB 2010 aus Berufssegmente wie Handelsberufe (S31), Berufe in Unternehmensführung und –organisation (S32), Unternehmensbezogene Dienstleistungsberufe sowie Sicherheitsberufe (S51), Verkehrs- und Logistikberufe (S53), Reinigungsberufe (S53) bestehen, wird auf dem Anforderungsniveau Fachkraft deutlich, dass eine Lohnlücke zuungunsten von Männern besteht. Dies entspricht auch der Lage in Hessen insgesamt, wenn auch im Kreis Gießen sogar in etwas stärkerer Form. Andererseits sind die Lohnlücken auf den Anforderungsniveaus Spezialist sowie Experte mit 22,1 Prozent und 24,5 Prozent noch sehr groß. Besonders Stellen auf dem Experten- und dem Spezialistenniveau sind im Kreis Gießen mit höheren Lohnlücken verbunden als im Landesschnitt. Im Kreis Gießen sind diese um 3,1 Prozentpunkte und 1,4 Prozentpunkte größer. Anzumerken bleibt auch, dass auf dem Helferniveau sowohl im Kreis Gießen als auch im hessischen Durchschnitt deutliche Entgeltlücken bestehen. Die meisten Frauen in sozialversicherungspflichtiger Vollzeit mit kaufmännischen und wirtschaftlichen Berufen sind jedoch auf der Fachkraftebene beschäftigt. Dort besteht schon Entgeltgleichheit. Beim Aufstieg in höherwertige Stellen werden die Chancen von Frauen auf gleiche Entgelte wie bei Männern jedoch deutlich schlechter.

Tabelle 15: Sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte ohne Auszubildende im Berufssektor „kaufmännische und wirtschaftliche Dienstleistungsberufe“ zum 31.12.2021, differenziert nach Anforderungsniveaus von Stellen und Regionen (Arbeitsort)

Anforderungsniveaus
Kreis Gießen Hessen
Frauenanteil* Medianwerte des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in € durchschnittliche Lohnlücke Frauenanteil* Medianwerte des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts in € durchschnittliche Lohnlücke
% abs. Männer Frauen % abs. in € % abs. Männer Frauen % abs. in €
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik, IWAK eigene Berechnung und Darstellung
Anmerkung: *Die hier präsentierte Anzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten bezieht sich auf die Personen, für die die Einkommensdaten vorliegen. Da nicht für alle sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten Einkommensdaten vorliegen, weicht die Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten von den hier präsentierten Zahlen ab. Bei einer zu geringen Anzahl an Beschäftigten ist die Aussagekraft von Entgeltverteilungen eingeschränkt. Deshalb veröffentlicht die Statistik der Bundesagentur für Arbeit keine Daten zu Entgeltverteilungen, Medianentgelten und Beschäftigten im unteren Entgeltbereich in Regionen bzw. bei Merkmalskombinationen mit weniger als 500 Beschäftigten. In diesen Fällen wurde der entsprechende Wert durch ein „-“ ersetzt.

4 Sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte im unteren Entgeltbereich

Im Jahr 2021 arbeiten in den Betrieben des Kreises Gießen 9.956 Frauen und Männer in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung, die weniger als zwei Drittel des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts (Median) aller sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten im Kreis verdienen. Sie gehören damit zu den Beschäftigten im unteren Entgeltbereich und umfassen 16,3 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten im Kreis Gießen. Von den Männern gehören 14,1 Prozent, von den Frauen 21,2 Prozent zu den Beschäftigten in sozialversicherungspflichtiger Vollzeit im unteren Entgeltbereich. Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten im unteren Entgeltbereich ist im Kreis Gießen mit 16,3 Prozent etwas höher als im hessischen Durchschnitt mit 15,2 Prozent.

Tabelle 16: Sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte im unteren Entgeltbereich* zum 31.12.2021, differenziert nach Geschlecht und Regionen (Arbeitsort)

Region
sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (SvB) in Vollzeit (VZ) ohne Auszubildende am Arbeistort insgesamt Personen mit Entgelten unter der bundeseinheitlichen Schwelle
Gesamt Anteil von allen SvB in VZ Männer Anteil von allen SvB-Männern in VZ Frauen Anteil von allen SvB-Frauen in VZ
absolut absolut % absolut % absolut %
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik, IWAK eigene Berechnung und Darstellung
Anmerkung: *In Anlehnung an die „Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD)“ gelten als Beschäftigte des unteren Entgeltbereichs Personen, die als sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte weniger als 2/3 des Medianentgelts aller sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten erzielen. Dies ist die Schwelle des unteren Entgeltbereichs. Diese lag in Westdeutschland im Jahr 2021 bei 2.417 EUR.

Die prozentualen Anteile von sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten im unteren Entgeltbereich variieren im Branchenvergleich stark. Während im Gastgewerbe und in der Arbeitnehmerüberlassung zwei Drittel bis drei Viertel dem unteren Entgeltbereich angehören, liegen die Anteile in der öffentlichen Verwaltung, dem Energie-, Wasser- und Entsorgungssektor, Metall- und Elektrobranche, im Bereich Information und Kommunikation, in der Erziehungsbranche und im Bereich Finanzen/Versicherungen jeweils im einstelligen Prozentbereich. Zwischen zehn und 25 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten gehören im Bereich Chemie und Kunststoff, im Gesundheitswesen, der Altenpflege (Heime/Sozialwesen), der Handel- und KFZ-Branche und dem Baugewerbe zum unteren Lohnbereich. Dies trifft bei dem Verkehrs- und Logistiksektor auf ein Drittel der Beschäftigten in sozialversicherungspflichtiger Vollzeit zu.

Im Kreis Gießen sind die Anteile der Beschäftigten im unteren Lohnbereich im Gastgewerbe, der Arbeitnehmerüberlassung, dem Verkehrs- und Lagereisektor, der Informationsbranche, der Handel- und KFZ-Branche, im Chemie- und Kunststoffsektor sowie der öffentlichen Verwaltung höher als im hessischen Durchschnitt.

5 Zukünftige Entwicklungen des Arbeitsmarkts im Kreis Gießen

Für den Zeitraum zwischen 2021 und 2028 wird im Kreis Gießen auf verschiedenen Qualifikationsniveaus und für einzelne Berufsgruppen ein Fachkräftemangel prognostiziert. Der Umfang des Fachkräftemangels variiert zwischen Qualifikationsniveaus und Berufsgruppen deutlich.

Die größten Engpässe bestehen im Vergleich der drei relevanten Qualifikationsniveaus hinsichtlich von Fachkräften mit Berufsabschluss. Dort fehlen alleine 6.040 Personen. Ebenfalls deutliche Lücken zeigen sich bei Fachkräften mit akademischem Abschluss. Hier fehlen 2.750 Personen. Anders stellt sich die Situation beim Qualifikationsniveau ohne (anerkannten) Berufsabschluss. Hier wird ein Überhang von 170 Personen erwartet.

Tabelle 17: Prognose – Anzahl der fehlenden Arbeitskräfte im Kreis Gießen bis zum Jahr 2028, differenziert nach Qualifikationsniveaus

Qualifikationsniveau
fehlende Arbeitskräfte
Quelle: Prognoseergebnisse für den Zeitraum 2021 bis 2028 aus dem Prognosenbericht, https://www.hessische-berufsprognosen.de/prognosebericht-und-regionaldossiers/

Hinsichtlich einzelner Berufsgruppen zeigen sich Engpässe in allen drei Berufssektoren. Die größten Lücken bestehen im Kreis Gießen bei den medizinischen Gesundheitsberufen, bei den Verkehrs- und Logistikberufen sowie den Berufen der Erziehung.

Tabelle 18: Prognose – Anzahl der fehlenden Arbeitskräfte im Kreis Gießen bis zum Jahr 2028, differenziert nach Berufssektoren und Berufsgruppen (KldB 2010)

Berufssektor ausgewählte Berufsgruppen (KldB 2010) fehlende Arbeitskräfte
Quelle: Prognoseergebnisse für den Zeitraum 2021 bis 2028 aus dem Prognosenbericht, https://www.hessische-berufsprognosen.de/prognosebericht-und-regionaldossiers/

Die Lohngleichheit ist in den Betrieben, die im Kreis Gießen ansässig sind, im Jahr 2021 noch nicht erreicht. Das Ausmaß der Lohnlücken variiert zwischen den unterschiedlichen Anforderungsniveaus der Stellen. Während die Entgeltlücken bei Stellen mit dem Anforderungsniveau Fachkraft gering sind und dort die Entgeltgleichheit nahezu erreicht ist, sind besonders die Lohnlücken auf den höheren Anforderungsniveaus groß. Besonders bei Stellen, die dort mit kaufmännischen und wirtschaftlichen Berufen besetzt werden, verdienen Frauen im Schnitt bis zu einem Viertel weniger als Männer. Jedoch befinden sich die Lohnlücken bei Stellen auf dem Helferniveau ebenfalls im hohen einstelligen Bereich.

Im Kreis Gießen sind in einigen Branchen die Anteile der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten im unteren Entgeltbereich hoch. Dazu gehören die Gastronomie, die Arbeitnehmerüberlassung, die Logistikbranche, die Altenpflege und die Handel- und KFZ-Branche. In einigen dieser Branchen sind die Anteile weiblicher Beschäftigter hoch. Gerade in Zeiten von steigendenden Energiepreisen und Inflation können sich Beschäftige im unteren Entgeltbereich schnell mit wirtschaftlichen Herausforderungen konfrontiert sehen.

Für den Kreis Gießen werden bis 2028 deutliche Arbeits- und Fachkräfteengpässe vorausgeschätzt. Besonders betroffen sind jene Betriebe im Kreis, die Fachkräfte mit Berufsabschluss oder Führungskräfte suchen, sowie jene, die in der Erziehung oder im Gesundheitswesen tätig sind. Um die Arbeits- und Fachkräftesicherung zu gewährleisten, bedarf es gezielter Strategien von Betrieben, ihrer Vertretungen und des Kreises. Dabei sollten die Beschäftigungs- und Entwicklungspotenziale von Frauen Berücksichtigung finden und zu einer größeren Einbindung von Frauen als Fach- und Führungskräfte ins Erwerbsleben führen. Diese Entwicklung kann einen wichtigen Beitrag zur Verringerung der Lohnlücken im Kreis Gießen darstellen.

6 Gesamtschau auf den Kreis Gießen

Sowohl bei den Einwohnerinnen und Einwohnern des Kreises Gießen, die in sozialversicherungspflichtiger Vollzeit erwerbstätig sind, als auch bei den Betrieben, die im Kreis ansässig sind, treten im Jahr 2021 überwiegend noch Lohnlücken auf. Einzig bei Stellen auf dem Anforderungsniveau Fachkraft ist im Kreis Gießen im Schnitt nahezu Entgeltgleichheit erreicht. Insgesamt zeigt sich eine positive Entwicklung, indem sich die Lohnlücken seit 2012 deutlich verringert haben. Besonders im ersten Pandemiejahr 2020 hat sich deren Verkleinerung nochmals dynamisiert. Im Vergleich zum hessischen Durchschnitt sind die Lohnlücken im Kreis inzwischen schon etwas geringer.

Die Verringerung der Lohnlücken zwischen Frauen und Männern kann im Kreis Gießen zukünftig noch weiter vorangebracht werden. Dies kann vor allem darüber gelingen, dass noch mehr Frauen Stellen mit hohen Anforderungsniveaus, also die Funktionen von Experte und Spezialist, besetzen. Die dafür notwendigen Rahmenbedingungen wie Betreuung und Mobilität stellen weiterhin eine notwendige Voraussetzung dar. Der schon bestehende Fachkräftemangel zeigt zudem, dass bisher noch nicht erschlossene Potenziale für die aktuelle und vor allem die zukünftige Fachkräftesicherung unerlässlich sind. Im Kreis Gießen sind gerade bei Frauen in Teilzeit und geringfügiger Beschäftigung noch Potenziale zu heben. Nicht nur in den sogenannten Frauenberufen der Erziehung und der Pflege ist schon ein großer Fachkräftemangel vorhanden. Vielmehr besteht dieser auch in vielen gewerblichen Bereichen und wird sich dort zukünftig demografiebedingt noch deutlich verschärfen. Die Frauenanteile in diesen gewerblichen Berufsfeldern sind oft noch gering. Eine entsprechende Berufs- und Studienorientierung von Mädchen und jungen Frauen ist deshalb im Kreis Gießen vermutlich unerlässlich.

Der Kreis Gießen kann sich in seiner Fachkräftesicherungsstrategie so aufstellen, dass durch die bessere Erschließung der Potenziale von Frauen ein wesentlicher Beitrag zur Fachkräftesicherung in den Betrieben des Kreises geleistet wird und gleichzeitig die Lohnlücken zwischen Frauen und Männern immer geringer werden. Auf diese Weise können Fachkräftesicherung vor Ort und Förderung der Entgeltgleichheit Hand in Hand gehen. Allerdings bedarf es dafür eines koordinierten Zusammenwirkens wesentlicher Akteurinnen und Akteure im Kreis, um Berufsorientierung, Qualifizierung, Betreuungsinfrastruktur und Mobilität als notwendige Rahmenbedingungen zu sichern und damit zur noch besseren Erschließung bisher ungenutzter Potenziale von Frauen beizutragen. Die Hessische Fachkräfteinitiative „Zukunftsgerecht und regional: Fachkräftesicherung in Hessen“ kann die Arbeitsmarktakteurinnen und -akteure im Kreis Gießen systematisch bei diesen notwendigen Aktivitäten unterstützen.