Lohnlücken in Betrieben in Hessen und seinen Regionen

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In Betrieben in Hessen können ebenfalls standortbezogen Entgeltlücken bestehen. Diese lassen sich in Hessen für alle Betriebe mit sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten in einem Kreis oder einer kreisfreien Stadt oder insgesamt für alle Betriebe im Land aggregiert statistisch erfassen. Die relevanten Arbeitsstellen können allerdings auch von Beschäftigten, die in anderen Bundesländern wohnen, besetzt sein. Damit wird im Vergleich zu den bisherigen Ausführungen ein Perspektivenwechsel vollzogen, indem Entgeltlücken nicht wie oben im Hinblick auf die Wohnbevölkerung in Hessen erfasst werden, sondern in Bezug auf die Standorte der Betriebe, die gleichzeitig Arbeitsorte für sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte darstellen.

In der zweiten Auflage des Hessischen Lohnatlas, die im Jahr 2020 herausgegeben wurde, konnten Analysen vorgelegt werden, die Entgeltlücken an Betriebsmerkmalen wie beispielsweise der Betriebsgröße festgemacht haben. Die Daten für diese Analysen stammen aus dem Betriebs-Historik-Panel (BHP) und den integrierten Arbeitsmarktbiografien (SIAB) des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Die neuesten Daten aus diesen Quellen liegen derzeit für das Jahr 2019 vor (Informationsstand: Juli 2022). Da die Pandemie deutlichen Einfluss auf die Verringerung der Lohnlücken hat, insbesondere im Jahr 2020, wurde in dieser Ausgabe des Hessischen Lohnatlas auf eine Auswertung dieser Daten verzichtet, auch um eine bessere Vergleichbarkeit mit den übrigen Daten, die sich auf die beiden Pandemiejahre 2020 und 2021 beziehen, zu gewährleisten.

Lohnlücken in Betrieben sind besonders vor dem Hintergrund interessant, dass diese an Stellen in Betrieben festgemacht werden können. Die Stellen in Betrieben werden dazu nach vier hierarchisch aufeinander aufbauenden Anforderungsniveaus unterschieden:

  • Helferniveau (keine oder eine einjährige Ausbildung vorausgesetzt)
  • Fachkraftniveau (mindestens eine zweijährige Berufsausbildung oder ein berufsqualifizierender Abschluss einer Berufsfach- oder einer Kollegschule vorausgesetzt)
  • Spezialistenniveau (eine Meister- oder Technikerausbildung bzw. ein weiterführender Fachschul- oder Bachelorabschluss vorausgesetzt, kaufmännische Fortbildungen und ähnliche Weiterbildungen)
  • Expertenniveau (ein mindestens vierjähriges abgeschlossenes Hochschulstudium vorausgesetzt)

Je höher das Anforderungsniveau einer Stelle ist, desto anspruchsvoller und komplexer sind die dort zu erfüllenden Aufgaben und desto höher sind im Schnitt die durchschnittlichen Bruttomonatsentgelte. Die Funktionen Spezialistin und Experte können mit Führungsverantwortung verknüpft sein und stellen Aufstiegspositionen dar.

1 Lohnlücken bei Stellen mit verschiedenen Anforderungsniveaus

Das Ausmaß der Lohnlücken zwischen Frauen und Männern in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung auf den vier Anforderungsniveaus von Stellen in Betrieben in Hessen unterscheidet sich deutlich. Die größten Lohnlücken liegen auf den beiden höchsten Anforderungsniveaus bei den Funktionen Experte und Spezialist vor. Auf Stellen mit der Anforderung einer Expertin und eines Experten besteht eine Lohnlücke von über 20 Prozent, Frauen verdienen im Schnitt ein Fünftel weniger als Männer. Möglicherweise gehören viele dieser Stellen bereits in den Führungsbereich des mittleren Managements. Zu beachten ist, dass Lohnlücken zwischen Frauen und Männern nur für durchschnittliche Bruttomonatsentgelte (Median) in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung statistisch erfasst werden können und damit Betriebe das sozialversicherungspflichtige Bruttomonatsentgelt der Beschäftigten nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung, jedoch nicht die Einkommen oberhalb dieser Grenze melden müssen. Durchschnittliche Bruttomonatsentgelte von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten, die aufgrund ihrer Höhe außerhalb der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht liegen, werden mit einem Wert von 7.100 EUR für das Jahr 2021 gekennzeichnet. Damit ist die tatsächliche Entgelthöhe mit hoher Wahrscheinlichkeit unterschätzt, was gleichfalls für die auf dieser Basis ermittelte Lohnlücke zwischen Frauen und Männern zutrifft. Führungsverantwortung kann zudem bereits auf dem Anforderungsniveau Spezialist verortet sein. Auch in dieser Funktion erreichen die Lohnlücken zwischen Frauen und Männern in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung knapp unter 20 Prozent und sind damit ebenfalls als groß anzusehen. Die geringsten Lohnlücken finden sich bei Beschäftigten, die Stellen auf Fachkraftniveau besetzen. Hier zeigt sich ein deutlicher Trend zu Lücken im einstelligen Prozentbereich. Im Mittelfeld befinden sich die Entgeltlücken für Beschäftigte in einer Helferfunktion. Das Ausmaß der Lohnlücke liegt dort jedoch immer noch deutlich im zweistelligen Prozentbereich.
Im Zeitverlauf von 2012 bis 2021 zeigen sich kaum Veränderungen auf den beiden höchsten Anforderungsniveaus. Auf dem Fachkraftniveau hat sich die Lohnlücke von 2012 bis 2021 mehr als halbiert und nähert sich im Jahr 2021 mit 4,2 Prozent schon stark der Entgeltgleichheit an. Bei Helferfunktionen zeigen sich zwischen 2012 und 2017 deutliche Verringerungen der Lohnlücken von 19,1 Prozent auf gut 13 Prozent. Danach verlangsamt sich die Dynamik des Lückenrückgangs bis 2021 jedoch deutlich.

Die Lohnlücken zwischen Frauen und Männern in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung auf den verschiedenen Anforderungsniveaus von Stellen unterscheiden sich deutlich. Große Lohnlücken zeigen sich bei Stellen mit Führungsverantwortung, während bei Fachkraftfunktionen deutliche Entwicklungen in Richtung Entgeltgleichheit im Zeitverlauf sichtbar werden.

In den beiden Pandemiejahren 2020 und 2021 ist auf allen Anforderungsniveaus von Stellen eine Verringerung der Lohnlücken zwischen Frauen und Männern in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung erkennbar. Die stärksten Rückgänge werden bei Stellen mit Fachkraftfunktionen deutlich. Im Vergleich zum Vorpandemiejahr 2019 sinken die Lohnlücken bis 2021 um 2,4 Prozentpunkte. Die Abnahme im ersten Pandemiejahr 2020 ist deutlich größer als im darauffolgenden Jahr 2021. Diese Veränderungsdynamik verlangsamt sich während der Pandemie. Für Stellen mit Helferfunktionen zeigen sich demgegenüber während der beiden Pandemiejahre kontinuierlich Verkleinerungen der Lohnlücken, jedoch im Vergleich zum Vorpandemiejahr 2019 nur um 0,7 Prozentpunkte. Die Dynamik während beider Pandemiejahr ist vergleichbar. Demgegenüber gestaltet sich die Entwicklung auf den Funktionsebenen Spezialist und Experte etwas anders: In beiden Fällen nehmen die Lohnlücken im ersten Pandemiejahr ab und steigen jedoch im zweiten Pandemiejahr wieder leicht an. Möglicherweise zeigen sich in beiden Fällen auch Effekte von Kurzarbeitergeld, die im Jahr 2021 wieder schwächer werden. Deutlich wird insgesamt, dass die Lohnlücken auf Stellen für Fachkräfte während der Pandemie am stärksten reduziert werden. Möglicherweise finden insbesondere hier die finanziellen Anreize der Betriebe zur Bindung von Fachkräften ihren Niederschlag.

Während der Pandemie sind die Lohnlücken zwischen Frauen und Männern in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung besonders auf Stellen für Fachkräfte deutlich kleiner geworden.

Das Ausmaß der Lohnlücken zwischen Frauen und Männern in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung variiert in den beiden ersten Pandemiejahren 2020 und 2021 nicht nur zwischen den vier Anforderungsniveaus von Stellen, sondern auch regional im Vergleich von Kreisen und kreisfreien Städten deutlich.

Bei Stellen mit Helferfunktionen (keine oder eine einjährige Ausbildung vorausgesetzt) zeigen sich in den beiden Pandemiejahren deutliche regionale Unterschiede. Während im Kreis Kassel die Größen von Lohnlücken nahe an 30 Prozent sind, sind diese in der kreisfreien Stadt Offenbach, der kreisfreien Stadt Wiesbaden und dem Main-Taunus-Kreis nahe an der Entgeltgleichheit. Nachfolgend steht ein positiver Wert dafür, dass Männer mehr verdienen als Frauen, ein negativer Wert, dass Frauen mehr verdienen als Männer. Letzteres ist in der kreisfreien Stadt Darmstadt der Fall. In einigen Kommunen nehmen die Lohnlücken zwischen dem ersten Pandemiejahr 2020 und dem zweiten Jahr 2021 ab. Jedoch wird in einigen Kommunen auch deutlich, dass die Lohnlücken im Jahr 2021 wieder leichtzunehmen.

Auch die Größe der Lohnlücken zwischen Frauen und Männern bei Stellen mit dem Anforderungsniveau Fachkraft (mindestens eine zweijährige Berufsausbildung oder ein berufsqualifizierender Abschluss einer Berufsfach- oder einer Kollegschule vorausgesetzt) variieren in den beiden Pandemiejahren 2020 und 2021 zwischen den Kreisen und kreisfreien Städten deutlich. Während im Odenwaldkreis und im Kreis Kassel noch eine Lohnlücke von nahezu 20 Prozent besteht, ist in den Kreisen Gießen und Offenbach, dem Rheingau-Taunus-Kreis, der kreisfreien Stadt Offenbach und dem Main-Taunus-Kreis nahezu Entgeltgleichheit erreicht. Grundlegend wird deutlich, dass die Lohnlücken in den Betrieben ländlich strukturierter Kreise noch größer sind als in Kommunen im urbanen Bereich oder dessen Nähe. Möglicherweise kann ein Zusammenhang zwischen der Höhe der Lebenshaltungskosten und der finanziellen Anreize von Betrieben für Fachkraftbindung vorliegen. In der Mehrzahl der Kommunen werden die Lohnlücken im Verlauf der beiden Pandemiejahre immer kleiner.

Die Höhe der Entgeltlücken bei Stellen mit Spezialistenfunktionen (eine Meister- oder Technikerausbildung bzw. ein weiterführender Fachschul- oder Bachelorabschluss, kaufmännische Fortbildungen und ähnliche Weiterbildungen vorausgesetzt) variieren zwischen den Kreisen und kreisfreien Städten in Hessen ebenfalls. In keiner der Kommunen ist auf diesem Anforderungsniveau Entgeltgleichheit (absehbar) erreicht. In den Kreisen Waldeck-Frankenberg und Kassel betragen die Entgeltlücken noch knapp 30 Prozent, während im ebenfalls ländlich strukturierten Schwalm-Eder-Kreis oder im Kreis Marburg-Biedenkopf mit ca. 15 Prozent die geringsten Lohnlücken bestehen. Im Odenwaldkreis sind weniger als 500 Frauen auf dem Anforderungsniveau Spezialist in sozialversicherungspflichtiger Vollzeit beschäftigt, weshalb für diesen Kreis aus Gründen des Datenschutzes keine Daten ausgewiesen werden. In den meisten Kommunen nehmen die Lohnlücken während der Pandemie ab. In einigen Kommunen zeigen sich jedoch auch gegenteilige Entwicklungen: Im Kreis Darmstadt-Dieburg und in der kreisfreien Stadt Darmstadt steigen die Lohnlücken zwischen 2020 und 2021 wieder an. Kaum Veränderung im Jahr 2021 zeigt sich andererseits im Schwalm-Eder-Kreis oder in der kreisfreien Stadt Frankfurt. Es wird vor allem in jenen Kommunen, in welchen die Lücken im Jahr 2021 wieder größer geworden sind oder gegenüber 2020 gleichgeblieben sind, interessant sein, zu beobachten, ob im Jahr 2022 erneut eine Dynamik zur Annäherung an Entgeltgleichheit entsteht.

Wie bei den anderen Anforderungsniveaus variieren die Höhen der Lohnlücken auch für Stellen mit Expertenfunktionen im regionalen Vergleich deutlich. In keiner Kommune ist derzeit das Erreichen der Entgeltgleichheit in Sicht. Die geringsten Entgeltlücken weisen Stellen mit der Funktion Experte im Main-Taunus-Kreis, im Kreis Gießen und im Kreis Marburg-Biedenkopf auf. Dort betragen die Lücken knapp 15 Prozent. Demgegenüber sind Expertenfunktionen in den Kreisen Groß-Gerau, Waldeck-Frankenberg und Bergstraße mit fast doppelt so großen Lohnlücken von fast 30 Prozent verbunden. Im Odenwaldkreis und Werra-Meißner-Kreis sind weniger als 500 Frauen auf dem Anforderungsniveau Experte in sozialversicherungspflichtiger Vollzeit beschäftigt. In diesen Fällen werden aus Gründen des Datenschutzes keine Daten ausgewiesen. Die Auswirkungen der Pandemie auf die Verringerung der Lohnlücken bei Experten scheinen im Vergleich der hessischen Kommunen unterschiedlich zu sein. In einigen Kommunen nehmen die Entgeltlücken im Verlauf der Pandemie ab, in anderen stagnieren sie und in einer dritten Gruppe werden diese zwischen 2020 und 2021 sogar wieder größer. Die Entwicklungen sind jedoch in allen Fällen nicht besonders dynamisch, es ergeben sich jeweils nur Veränderungen um wenige Prozentpunkte.

Die Lohnlücken zwischen Frauen und Männern in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung auf den unterschiedlichen Anforderungsniveaus variieren zwischen Kreisen und kreisfreien Städten stark. Ein Rückgang der Lohnlücke in den beiden Pandemiejahren 2020 und 2021 findet nicht überall statt. In einigen Regionen stagnieren die Lohnlücken oder werden im Verlauf der Pandemie sogar wieder (leicht) größer.

2 Lohnlücken bei Stellen mit verschiedenen Anforderungsniveaus und der Besetzung mit verschiedenen Berufen

Die Beschäftigten auf den unterschiedlichen Anforderungsniveaus üben verschiedene Berufe aus. Die Einzelberufe werden im Folgenden zu drei Berufssektoren zusammengefasst und zwar: Produktions- und MINT-Berufe, personenbezogene Dienstleistungsberufe sowie kaufmännische und wirtschaftliche Dienstleistungsberufe. Die Berufssektoren wurden auf Basis der Klassifikation der Berufe (KldB 2010) gebildet. Unter dem Berufssektor „Produktions- und MINT-Berufe“ sind Berufssegmente wie Land-, Forst- und Gartenbauberufe (S11), Fertigungsberufe (S12), Fertigungstechnische Berufe (S13), Bau- und Ausbauberufe (S14) und IT- und naturwissenschaftliche Dienstleistungsberufe (S41) zusammengefasst. Der Berufssektor „personenbezogene Dienstleistungen“ beinhaltet Berufssegmente wie Lebensmittel- und Gastgewerbeberufe (S21), Medizinische u. nicht-medizinische Gesundheitsberufe (S22) und Soziale und kulturelle Dienstleistungsberufe (S23). Berufssegmente wie Handelsberufe (S31), Berufe in Unternehmensführung und -organisation (S32), Unternehmensbezogene Dienstleistungsberufe sowie Sicherheitsberufe (S51), Verkehrs- und Logistikberufe (S53) und Reinigungsberufe (S53) gehören zum Berufssegment „kaufmännische und wirtschaftliche Dienstleistungsberufe“. Weitere Informationen sind im Glossar zu finden.

Auf Stellen mit Helferfunktionen (keine oder eine einjährige Ausbildung vorausgesetzt) finden sich sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte aller drei Berufssektoren. Obwohl das Anforderungsniveau aller Stellen gleich hoch ist, unterscheidet sich das Ausmaß der Lohnlücke zwischen Frauen und Männern in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung je nach Berufssektor. Ist eine Helferfunktion in den beiden Pandemiejahren 2020 und 2021 mit sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten besetzt, die dem Berufssektor personenbezogene Dienstleistungen angehören, also mit hoher Wahrscheinlichkeit in Pflege oder Erziehung tätig sind, dann ist Entgeltgleichheit erreicht. Dies mag sicherlich auch darin begründet sein, dass auf diesen Stellen der Männeranteil recht gering ausfallen dürfte. Für Helferstellen im Bereich der Produktions- und MINT-Berufe zeigen sich noch deutliche Lohnlücken, die jedoch mit knapp 8 Prozent bereits im einstelligen Bereich liegen. Gerade bei diesen Helferfunktionen dürften die Frauenanteile in der Produktion eher gering sein. Bei Helferinnen- und Helferfunktionen, die im kaufmännischen und wirtschaftlichen Dienstleistungsbereich besetzt werden, sind die Entgeltlücken im Vergleich mit ca. 13 Prozent noch am größten. Deutlich wird in allen drei Berufssektoren, dass sich auf der Helferfunktion zwischen 2020 und 2021 kaum Veränderungen der Lohnlücken ergeben. Die Dynamik zur Verringerung bzw. zur Veränderung von Lohnlücken in Helferfunktionen ist im Fortgang der Pandemie offensichtlich gering.

Auf Stellen mit Fachkraftniveau (mindestens eine zweijährige Berufsausbildung oder ein berufsqualifizierender Abschluss einer Berufsfach- oder einer Kollegschule vorausgesetzt) variieren die Lohnlücken beträchtlich, je nachdem, welchem Berufssektor die sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigen angehören. Bei Stellen, die mit Fachkräften besetzt sind, die Berufe in den personenbezogenen Dienstleistungen oder in den kaufmännischen und wirtschaftlichen Dienstleistungen in hessischen Betrieben ausüben, ist Entgeltgleichheit erreicht, Frauen verdienen auf Fachkraftstellen sogar mehr als Männer. Während der Pandemie hat sich dieser Trend noch verstärkt. Im Falle von Stellen für Fachkräfte in den Produktions- und MINT-Berufen sind die Lohnlücken mit knapp 4 Prozent ebenfalls schon niedrig und bewegen sich in Richtung Entgeltgleichheit. Während der Pandemie scheint es auf diesen Stellen keine Veränderungsdynamik zu geben. Die vermuteten finanziellen Anreize der Arbeitgebenden während der Pandemie zur besseren Bindung von Fachkräften, bei denen Mangel besteht, bilden sich hier entgegen der Erwartung nicht ab.

Bei Stellen mit der Funktion Spezialist (eine Meister- oder Technikerausbildung bzw. ein weiterführender Fachschul- oder Bachelorabschluss vorausgesetzt, kaufmännische Fortbildungen und ähnliche Weiterbildungen), die mit höheren Entgelten verbunden sind, zeigen sich noch deutliche Entgeltlücken. Geht es um Berufe in den personenbezogenen Dienstleistungen oder in den Produktions- und MINT-Berufen, betragen die Lohnlücken in den beiden Pandemiejahren 2020 und 2021 noch gut 10 Prozent. Als doppelt so groß erweisen sich demgegenüber die Lohnlücken von sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten in kaufmännischen und wirtschaftlichen Berufsfeldern. Während der Pandemie, vom Jahr 2020 bis zum Jahr 2021, besteht eine geringe Dynamik bei der Annäherung an Entgeltgleichheit.

Stellen mit der Funktion Experte (ein mindestens vierjähriges abgeschlossenes Hochschulstudium vorausgesetzt) sind oft mit Führungsverantwortung im mittleren Management und entsprechend hohen Entgelten verbunden. Auf diesen Stellen zeigen sich noch deutliche Lohnlücken in den beiden Pandemiejahren 2020 und 2021. Allerdings unterscheiden sich das Ausmaß der Lücken wiederum je nach Berufssektor. Frauen, die den Berufssektoren Produktions- und MINT-Berufe oder den kaufmännischen und wirtschaftlichen Berufen angehören, verdienen im Schnitt ein Fünftel weniger als ihre männlichen Kollegen. Im Falle der Berufssektoren aus den personenbezogenen Dienstleistungsberufen ist die Lohnlücke mit ca. 13 Prozent deutlich geringer. Allerdings gehören hierzu die großen Berufsfelder der Pflege, Gesundheit und Erziehung, also den sogenannten Frauenberufen, in welchen vor allem Frauen beschäftigt sind. Die Veränderungsdynamik bei der Entwicklung der Lohnlücken ist während der Pandemie nicht sehr stark. Deutlich wird jedoch, dass im Verlauf der Pandemie die Entgeltlücke bei den Expertenfunktionen mit fachlichem Hintergrund in den kaufmännischen und wirtschaftlichen Berufssektoren wieder größer wird.

Die Lohnlücken zwischen Frauen und Männern auf den verschiedenen Anforderungsniveaus von Stellen variieren in Abhängigkeit von den Berufen der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten, die diese Stellen innehaben. Es wird deutlich, dass zwar ein starker Einfluss der einzelnen Anforderungsniveaus auf die Höhe der Lohnlücken vorliegt und dass die Lohnlücken mit ansteigendem Niveau grundsätzlich zunehmen. Jedoch scheinen auch die Berufe einen starken Einfluss auf die Entwicklung der Entgeltlücken auszuüben. Dies führt dazu, dass auch auf gleichem Stellenniveau je nach beruflicher Ausrichtung der Beschäftigten deutliche Unterschiede in den Lohnlücken bestehen können.

Die Annäherung an Entgeltgleichheit im Verlauf der Pandemie ist dabei nicht immer gegeben. In spezifischen Konstellationen von Stellenniveaus und Berufssektoren stagniert die Entwicklung der Entgeltlücken oder die Lücken vergrößern sich zwischen 2020 und 2021 sogar wieder. Damit verdeutlichen die Analysen, dass eine differenzierte Betrachtung verschiedener Konstellationen von Berufen und Stellenniveaus sinnvoll ist, um der Heterogenität der Entwicklung der Lohnlücken gerecht werden zu können. Eine hohe Transparenz ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass zielgenaue Maßnahmen zur Erreichung der Entgeltgleichheit möglich werden.

Nachdem die Lohnlücken auf den verschiedenen Niveaus von Stellen zwar schon den Fokus auf Betriebe richten, soll im Folgenden die Lage in Betrieben von zehn großen Branchen Hessens genauer betrachtet werden.